Dienstag, 18. Oktober 2016

EV Zug: Ist die Vertragsverlängerung mit dem 30-jährigen Fabian Schnyder noch zeitgemäss?

Der EV Zug hat heute die Vertragsverlängerung von Fabian Schnyder bekannt gegeben. Der ehemalige Zuger Captain wird den Zentralschweizern bis zum Ende der Saison 2019/20 erhalten bleiben. Zu diesem Zeitpunkt wird der 175 cm kleine und 75 kg leichte Flügelstürmer 34 Jahre alt sein. Schnyder spielt mittlerweile in seiner 14. NLA-Saison, die er allesamt mit dem EVZ bestritten hat. Seine Rolle hat sich über die Jahre verändert. 


Seinen Zenit hatte er von 2009 bis 2012 in der 1. Linie mit Josh Holden und Damien Brunner erreicht. Seither ist er in der „Depth Chart“ durchgereicht worden und spielt aktuell in der vierten Linie mit Nolan Diem und Emanuel Peter. Noch immer nimmt Schnyder aber mit 1:51 Eiszeit pro Spiel eine wichtige Rolle im Boxplay der Zuger ein. Sein Tempo ist sein wichtigstes Gut und momentan reicht dieses (noch) für einen Stammplatz aus.

Vergangene Vertragsverlängerungen

Sein Hoch damals als 24-jähriger in der 1. Linie hat er im Januar 2010 ausgenutzt, um bei den Zugern einen langfristigen – für einen Rollenspieler sehr gut dotierten – Fünfjahresvertrag bis 2015 zu unterzeichnen. In einer Baisse im Dezember 2012 bei 3 Toren und 3 Assists nach 25 Saisonspielen verlängerte Schnyder als Captain vorzeitig bis 2018. Nun erfüllt er die Rolle eines Viertlinienstürmers mit nur wenig Eiszeit: Bei den Zuger Stammspielern im Sturm erhalten lediglich Sandro Zangger (11:25) und Emanuel Peter (9:25) weniger Eiszeit als Schnyder (12:01).

Vertrag bis 34 für Viertlinien-Rollenspieler...

Bei allem Respekt für Fabian Schnyder: Eine Vertragsverlängerung mit einem Rollenspieler in der vierten Linie bis ins 35. Altersjahr muss skeptisch betrachtet werden. Vor allem in der heutigen Hockeywelt, bei der bspw. in der aktuellen NHL-Saison die Teams mit einer Jugendbewegung auftrumpfen und ältere, teils arrivierte Spieler ohne NHL-Vertrag auskommen mussten. Klar spielen gewisse Faktoren (bspw. Entry-Level Contracts in einer Salary Cap-Welt) in der NHL eine bedeutende Rolle, aber trotzdem darf man in den nächsten Jahren auch in der Schweizer National League A in grösserem Stile eine solche Jugendbewegung erwarten. Der ZSC praktiziert dies seit Jahren mit Erfolg. Dass der eigentlich sonst smarte Zuger Sportchef Reto Kläy auf der EVZ-Homepage sich zitieren lässt, dass Fabian Schnyder sich mit 30 Jahren im besten Alter befindet, tönt nach einer Aussage aus vergangenen Tagen. Klar ist er ein erfahrener, führungsstarker Spieler und ist beliebt in der Garderobe. Aber auch bei solchen Spielern muss ein Sportchef den richtigen „Absprung“ finden.

...in einem Verein mit super Ausbildungskonzept

Das grossartige Zuger Ausbildungsmodell mit der Academy und dem neuen NLB-Team liess eigentlich hoffen, dass solche unnötigen Vertragsverlängerungen der Vergangenheit angehörten und Nachwuchsspieler, wie früher zu besten Zuger Ausbildungszeiten, den Sprung via vierte Linie und Rollenspieler in die 1. Mannschaft integriert werden. Nicht jeder Junior ist so talentiert wie Lino Martschini, der es auf Anhieb in die vorderen Sturmreihen schaffte.

Für gewisse Stürmer mit Potential wird's eng

Da die Zuger natürlich gewisse Nachwuchsspieler auf die neue Saison hin ins Fanionteam aufnehmen möchten, könnte es nach der Verlängerung mit Schnyder für gewisse Stürmer, wie Sven Senteler (24), Dominic Lammer (24) oder Sandro Zangger (22), bei denen der Vertrag Ende Saison auslaufen, eng werden - was eigentlich genau nicht sein sollte. Bei diesen jungen Spielern ist das Potential eines überdurchschnittlichen bis guten NLA-Spielers vorhanden. Es wäre eine Überraschung, wenn Kläy alle drei Spieler halten könnte. Die Plätze im Sturm sind einfach limitiert und auch andere Vereine klopfen bei solch talentierten Spielern an und versprechen ihnen eine bessere und gut dotierte Zukunft. Emanuel Peter (32) und Marc Marchon (21), der sich nicht wie gewünscht entwickelt hat, werden die Koffer packen müssen.

Es sind auch nach der Vertragsverlängerung von Fabian Schnyder also zumindest zwei der 13 Stürmerplätze für junge Spieler noch offen, obwohl bestimmt auch ein junger Spieler in die spielerische Rolle von Schnyder hätte einspringen können.


Mittwoch, 6. Januar 2016

U20-WM: Das Desinteresse der Schweiz am zweitbesten und vielleicht spektakulärsten Eishockeyturnier

Die U20-WM ging gestern mit einem weiteren spektakulären Spiel zu Ende. Der Finne Kasperi Kapanen machte das, wovon die meisten Eishockeyaner im Kindesalter träumen und beim Spielen jeweils mehrfach imitieren: Kapanen schoss vor eigenem Publikum den entscheidenden, goldbringenden Treffer in der Verlängerung zum 4:3-Sieg gegen Russland. Diese Szene ist vergleichbar mit dem Golden Goal von Sidney Crosby an den Olympischen Spielen in Vancouver 2010, da sowohl Kanada, als auch die Finnische U20 in der letzten Minute der regulären Spielzeit den Ausgleich hinnehmen mussten. Mittlerweile ist die U20-WM zum zweitwichtigsten und zweitbesten Eishockeyturnier überhaupt aufgestiegen. An 10 Spieltagen strömten über 215‘000 Fans in die beiden Arenen in Helsinki, was einen Schnitt von über 7‘000 pro Spiel bedeutete. Ein europäischer U20-WM Rekord. Der Weltrekord wurde 2012 in Calgary und Edmonton erreicht, als über 450‘000 Fans die U20-WM besuchten – einen sagenhaften Schnitt von 14‘688 pro Spiel. Man muss sich das vorstellen: Im damaligen Relegationsspiel der Schweiz gegen Dänemark wohnten der eigentlich für Kanadier unbedeutenden und wenig spektakulären Affiche über 9‘000 (!) Zuschauer bei. Im Gruppenspiel gegen Lettland 13‘666 (!) und gegen Russland sogar 15‘390! Aufgrund dieses enormen Interesses in Kanada wird die U20-WM vorläufig bis 2022 alle zwei Jahre in Kanada stattfinden. Besonders für die Spieler der kleineren Nationen, die sich in diesem Alter nicht gewohnt sind vor einer grossen Zuschauerkulisse zu spielen ein grandioses Erlebnis und die beste Motivation über sich hinaus zu wachsen.

Probleme fangen beim eigenen Verband an
In der Schweiz werden nicht mal die Schweizer Spiele an der U20-WM am Fernsehen ausgestrahlt. Das Schweizer Fernsehen überträgt zu dieser Zeit, zumindest in der ersten Hälfte des U20-Turniers, ein Grümpelturnier, den Spengler Cup und bestimmt damit die Agenda der Schweizer Eishockeyfans zwischen Weihnachten und Neujahr. Der Skandal im November, als der Schweizer U20-Coach John Fust anstatt seinem U20-Team den letzten Schliff für die U20-WM zu geben, die A-Nati am unbedeutenden Deutschland-Cup führen musste, zeigt, dass nicht mal der Schweizerische Eishockeyverband die eigene U20-Mannschaft und somit die U20-WM ernst nimmt. Wie sollen denn die Schweizer Eishockeyfans das Turnier ernst nehmen? Ob die Absage von Kevin Fiala – der von seiner Organisation, der Nashville Predators, zwar die Freigabe erhielt, sich aber gegen die U20-WM entschied – einen Zusammenhang mit der Situation im Verband hat, bleibt sein Geheimnis. Spieler von anderen Nationen in ähnlichen Situationen wie Fiala, u.a. David Pastrnak (CZE, Boston Bruins), Jake Virtanen (CAN, Vancouver Canucks) oder auch der Finalheld Kaspari Kapanen (FIN, Toronto Maple Leafs) drängten ihre Klubs regelrecht, damit sie an der U20-WM dabei sein konnten.

U20-WM erst- und letztmals 1998 in der Schweiz
Kapanen kehrt nun als Held nach Nordamerika zurück und wird mit diesem Erlebnis im Rücken ausserordentlich gestärkt an seinem Ziel NHL weiterarbeiten können. In Finnland schauten sich 1.93 Mio. Zuschauer im Schnitt die Finalpartie am finnischen Fernsehen an. Der Spitzenwert betrug 2.4 Mio. Zuschauer: Das sind über 40% (!!) der gesamten finnischen Bevölkerung, die sich den Final an einem Dienstagabend anschauten! Wahnsinn!
Nach dem Erlebten der letzten zwei Wochen in Helsinki, diese Identifikation mit ihrem Team, diese Euphorie und diese Begeisterung muss es das Ziel des Schweizer Verbands sein so rasch als möglich die U20-WM in die Schweiz zu holen. Allerdings ist dies erst für 2023 möglich. Übrigens: In der 36-jährigen U20-WM Geschichte fand die U20-WM das letzte und einzige Mal 1997 in der Schweiz statt. Genf und Morges waren die Austragungsorte. Damit die Schweizer U20-Mannschaft die nötige Anerkennung findet, die sie verdient, benötigt das Land nicht nur eine Heim-WM, sondern ebenfalls ein Erfolgserlebnis dabei, damit die Euphorie und die Begeisterung für die U20-Mannschaft entfacht werden kann. Bis dahin können wir einfach hoffen, dass das Schweizer U20-Team nicht in die B-Gruppe abgestiegen ist. Sollte die Schweizer U20-Auswahl in den kommenden Jahren uns alle überraschen und wie in 1998 Bronze holen: Die wenigsten Fans könnten diesen Erfolg einordnen.

Verband in der Pflicht
Unsere Zukunft bzw. unsere zukünftigen Schweizer Aushängeschilder – sei es in der NHL, in der NL A oder in der Schweizer Nationalmannschaft – hätten es mehr als verdient, wenn der eigene Verband, das Fernsehen und schlussendlich die Eishockeyfans den besten Talenten des Landes mehr Beachtung schenken würden. Nur dann könnten wir davon träumen, dass das finnische Märchen auch mal in der Schweiz realisierbar wäre.


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